Bericht

Der digitale Produktpass

Der digitale Produktpass ist eine Basis, um das Klima zu schützen. Er unterstützt die Kreislaufwirtschaft mit den notwendigen Informationen und liefert Daten, um Rohstoffe zu sparen und die Produktion so nachhaltig wie möglich zu gestalten.

Über den gesamten Lebenszyklus werden Informationen zu Materialien und Bestandteilen, Produktionswegen oder Recycling-Möglichkeiten zusammengestellt. Umweltrelevante Daten können als Teilmodelle der Verwaltungsschale in standardisierten und damit vergleichbaren Formaten abgelegt werden. Nachhaltigkeit wird mess- und vergleichbar.

Vergleichbare Daten sorgen für Transparenz

Das Konzept der Verwaltungsschale etabliert sich für die Vernetzung der industriellen Wertschöpfungsnetzwerke. Auf diesen Standards basiert das digitale Typenschild: Es stellt einen definierten Datensatz bereit, der unsere Umwelt durch den Verzicht auf Papierdokumentation schützt.

Auch der digitale Produktpass soll die Vernetzung zwischen allen Beteiligten erlauben. Allerdings werden hier deutlich mehr Informationen für Produkte völlig unterschiedlicher Natur hinterlegt sein, als es beim digitalen Typenschild der Fall ist. Um z.B. die Ökobilanz von Dingen vergleichbar zu machen, muss vieles standardisiert und harmonisiert werden. Wie groß diese Aufgabe ist, wird klar, wenn man sich vor Augen führt, wie unterschiedlich allein die Bedeutung des Wortes „Produkt“ je nach Branche, Land und persönlicher Erfahrung verstanden wird.

Aber das Fundament für den digitalen Produktpass, der in Zukunft alle Produkte beschreiben soll, vom Holzbrett über das Hühnerei bis hin zur Komponente in einem Schaltschrank, ist mit der Verwaltungsschale gelegt.

Dabei ist der digitale Zwilling für physische Dinge genauso einzusetzen wie für Software bzw. Service-Leistungen. Wichtige Umwelt- und Materialdaten eines Produktes begleiten dieses über den gesamten Lebenszyklus. Bei Änderungen werden Informationen im digitalen Produktpass entsprechend ergänzt bzw. aktualisiert. Dabei sollen Daten zu Energieverbrauch, Emissionen oder Reparaturen zusammengestellt sein.

Zu prüfen ist, ob der Ansatz des digitalen Typenschilds auf Dinge aller Lebensbereiche übertragbar ist. Technisch ist es kein Problem, alle produktspezifischen Daten in die Verwaltungsschale zu überführen. Weiterführende Studien zum digitalen Produktpass sollen allerdings noch andere Aspekte untersuchen. Allein die Definition, was als Produkt bezeichnet wird, und welche spezifischen Daten diesem zugeordnet werden, stellt die EU vor komplexe Fragestellungen.

Beispiele aus der Praxis

Dass alle Branchen im Grunde die gleiche Herausforderung haben, zeigt das Beispiel Gläserner Beton des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Auch die Baubranche braucht Transparenz über die gesamte Lieferkette. Sie stellt Produktinformationen zur Nachhaltigkeit von Baustoffen in einem standardisierten Format bereit und geht damit den Weg hin zum Produktpass. Umweltfreundliches Bauen ist nicht so einfach. Man muss zum Spezialisten für alle möglichen Baustoffe werden, um zu wissen, wie die Transportwege des Holzes ablaufen, wie sich die Lackierung für Türen und Fenster zusammensetzt oder welcher Dämmstoff die maximale Energieersparnis bringt. Aktuell wird hier mit der Environmental Product Declaration (Umweltproduktdeklaration) Transparenz geschaffen. Sie bietet ganzheitliche Produktinformation für nachhaltiges Bauen. Indem Informationen zu allen Produkten an einer zentralen Stelle zusammengeführt werden und diese den Nutzern zielgruppengerecht zur Verfügung gestellt werden, entsteht der Produktpass.

Die Baubranche liefert damit den Beweis, dass wirtschaftlicher Erfolg und neue Geschäftsmodelle mit dem Produktpass entstehen werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit werden Verbraucher, Rohstoff-Lieferanten oder Recyclingunternehmen mit Daten versorgt. Damit können alle Beteiligten Lieferketten im Sinne der Nachhaltigkeit optimieren. Entsorgungsunternehmen profitieren von dem Wissen über Wertstoffe der Bauprodukte. Wer als ökologisch „schlecht“ sichtbar wird, kann schnell Marktrelevanz einbüßen. Neben der Ökobilanz stehen weitere Informationen zu den Produkten in öffentlichen Datenbanken zur Verfügung.

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt Digitale Harmonisierung und Verfügbarmachung von umweltrelevanten Daten im Kontext der digitalen Transformation der Industrie und der daran gekoppelten Prozesse und Dienstleistungen (Industrie 4.0)“. Hier erforscht das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) welche Herausforderungen es hinsichtlich der Umweltdaten gibt, die transparent für alle zur Verfügung gestellt werden sollen. Es geht dabei um die Kommunikation über den gesamten Lebenszyklus bis hin zur Entsorgung. Auch konkrete Fragen werden untersucht, z.B. wie die Vernetzung mit speziellen Prozessen wie Abgas- und Abwasserreinigung funktionieren kann.

Der digitale Produktpass in der Politik

Ohne politische Unterstützung wird die Einführung eines Produktpasses für Europa nicht gelingen. Zum Stand der Dinge informiert der Bericht „Götz, T., Adisorn, T., & Tholen, L. (2021). Der Digitale Produktpass als Politik-Konzept (Wuppertal Report Nr. 20). Wuppertal Institut.“ Wer nach EU-Vorgaben, EU-Datenbanken und aktuellen Regelungen für den Bereich der Produktinformation sucht, wird in dem Report umfassend informiert.

Die Kurzstudie entstand im Rahmen der Umweltpolitischen Digitalagenda des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und wurde im März 2021 veröffentlicht. Die Studie stellt den aktuellen Stand zum Thema digitaler Produktpass zusammen und zeigt Handlungsmöglichkeiten auf.

Eine Analyse des European Policy Center (EPC 2020) verspricht sich von dem digitalen Produktpass die verbesserte Koordination und Informationsaustausch über die gesamte Wertschöpfungskette. Dadurch entsteht die Transparenz, die intelligente, zirkuläre Anwendungen ermöglicht. Die European Environmental Agency (EEA 2020) schlägt vor, die rechtlichen Vorgaben zu Informationspflichten zu kombinieren und in einem standardisierten Format zugänglich zu machen (EEA 2020).

Rund um das Thema Nachhaltigkeit gibt es verschiedene Vorgaben und Plattformen, die Informationen bereitstellen, z.B. Umweltkennzeichnungen und -deklarationen. Eine themen- und unternehmensübergreifende sowie eine standardisierte Bereitstellung der Daten, existiert aktuell nicht.

Zu den Themen digitaler Zwilling für mehr Nachhaltigkeit halten wir Sie in den kommenden Beiträgen auf dem Laufenden.

 

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