Bericht

Smart in Stadt und Industrie

Sensoren sind zentrale Schlüsselkomponenten in allen Bereichen des täglichen Lebens. Mit intelligenten Sensorsystemen können Prozess-, Umwelt- und Umgebungsdaten in Echtzeit ausgewertet und modernen Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Dafür kombiniert das Fraunhofer IOSB-INA Sensoren mit leistungsfähiger Elektronik zur Echtzeitverarbeitung, intelligente Datenanalyseverfahren und Kommunikationsschnittstellen. Im CIIT-Techtalk referierte Dr. Holger Flatt über intelligente Sensorsysteme in der Smart Factory und Smart City. Eine spannende Stunde lang gab er den Einblick in Technologien und Herausforderungen. Anhand von Praxisbeispielen wurde knapp 30 Zuhörern und Zuhörerinnen deutlich, was heute schon möglich ist. Hier geht es zum Video, die gezeigten Folien finden Sie hier: 2022_07_06_Vortrag_CIIT_Techtalk_publish

Aktuelle Projekte zeigen, was machbar ist

Wie können intelligente Anwendungen mit aktuellen Technologien umgesetzt werden? Vielfältige Praxisbeispiele aus Umsetzungsprojekten gaben darauf Antwort. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Kombination aus bildgebenden Sensoren in Verbindung mit einer nachgelagerten KI-basierten Echtzeitdatenverarbeitung.

„Vom physikalischen Wert, den der Sensor misst, über die Vorverarbeitung bis zur Analyse und zur intelligenten Information in der Steuerung, ist es ein weiter Weg,“ so Dr. Holger Flatt, Spezialist für Datenerfassung und -verarbeitung. Er leitet die Gruppe „Intelligente Sensorsysteme“ am Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo. Sein Forschungsschwerpunkt umfasst die Entwicklung intelligenter Sensorsysteme, mit dem Ziel Prozess-, Umwelt- und Umgebungsdaten in der Produktfertigung sowie im urbanen Raum zu erfassen, in Echtzeit auszuwerten und intelligent zu nutzen.

Retrofit bindet Bestandsmaschinen und -anlagen in Industrie 4.0-Infrastrukturen ein

Um nachhaltig zu arbeiten und Energie zu sparen, ist die Energieverbrauchsmessung an Maschinen und Anlagen in Echtzeit ein aktuelles Thema. Als Beispiel führt Dr. Flatt eine Maschine an, die während einer zweistündigen Hochlaufzeit im Leerlauf ist. Erst danach kann die gewünschte Produktqualität produziert werden. Ziel eines laufenden Projekts dazu ist es, Sensorsysteme und künstliche Intelligenz zu nutzen, um bereits in der Hochlaufphase qualitativ hochwertig zu produzieren und damit Stillstandzeiten zu minimieren.

„Aber häufig haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, um auf Daten zuzugreifen, z.B. von Spritzgießmaschinen. Auch die Messung der Feuchtigkeit des hier zugeführten Kunststoffgranulats ist oft eine Herausforderung,“ so Dr. Flatt. Hier empfehlen sich Werkzeuge für das Retrofit, also die Nachrüstung bestehender Anlagen, um Industrie-4.0-Technolgien integrieren zu können. Im Vortrag wurde präsentiert, wie man dabei strukturiert vorgeht, von der Analyse bis zur permanenten Installation. Das ist umso wichtiger, da es durchaus Grenzen gibt. Beispielsweise ist es nicht einfach möglich, Sensoren z.B. in einer Beschichtungskammer zu installieren. Leitfaden Retrofit für Industrie 4.0.

Künstliche Intelligenz in der Bildverarbeitung

Für die Vorverarbeitung von Daten in der Bildverarbeitung spielt künstliche Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle. Damit lernt das System, Objekte zu erkennen. Dafür entsteht zunächst eine Datenbank mit klassifizierten Bildern, um die KI zu trainieren. Die Trainingsbilder zu klassifizieren ist Fleißarbeit. Ein Beispiel ist das automatische Sortieren von Kartoffeln. Dafür wurde eine Kamera am Roboter-Greifer installiert, deren Bilddaten über KI-Verfahren ausgewertet werden. 3600 Bilder von Kartoffeln wurden in „gut“ und „schlecht“ klassifiziert. Damit werden Kartoffeln automatisch in ihrer Güte erkannt und genutzt bzw. aussortiert, obwohl die tatsächliche Form dem System vorab nicht bekannt ist.

Anwendungsgebiet Smart City

Im öffentlichen Raum gibt es zusätzliche Herausforderungen. Zum Beispiel ist die dauerhafte Energieversorgung der Sensorik nicht gegeben oder Genehmigungen, die Datenschutzverordnung und die Akzeptanz der Bürger, Stichwort „Videoüberwachung“, erschweren die Umsetzung von Projekten. Dr. Flatt: „Vor allem bei videooptischer Sensorik werden die Menschen hellhörig. Mit unseren Systemen können sie beruhigt sein, alle Daten werden sofort nach der Verarbeitung gelöscht.“

Die Herausforderungen sind lösbar, wie die umgesetzten Projekte beweisen. Unterhalb der Phoenix Contact Arena auf dem Innovation Campus in Lemgo sind zwei optische Sensoren installiert. Die Daten werden an die urbane Datenplattform gesendet, die als Grundlage für die nachgelagerte KI-basierte Bildverarbeitung fungiert. Im Showroom des Fraunhofer IOSB-INA im Erdgeschoß des Centrum Industrial IT wird als Ergebnis die spurgetreue Zählung der Fahrzeuge in der Bunsenstraße demonstriert.

„In der Stadt Soest haben wir Klimasensoren installiert, die das Mikroklima erfassen und visualisieren. Auch hier wird KI genutzt, z.B. um die Rohdaten zu korrigieren. Schauen Sie gerne auf das öffentliche Dashboard des Projektes „Bürgerwolke Soest“, welche Informationen wir den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen: https://urbanedaten-soest.de/“ wirbt Dr. Flatt.

Zwei weitere Projekte in Lemgo verfolgen das Ziel den Straßenverkehr zu optimieren bzw. Stausituationen zu reduzieren (KI4LSA) oder die Querung einer Fußgänger-Ampel den Bedürfnissen bzw. Geschwindigkeiten der Personen anzupassen (KI4PED). Melden Sie sich gerne bei Dr. Flatt, wenn Sie weitere Informationen zu den obigen Themen wünschen.

Abschließend ging es um aktuelle Trends im Bereich der intelligenten Sensorsysteme. Hier werden Quanten-Sensoren mit geringer Größe und hoher Genauigkeit zukünftig die Möglichkeiten zur Datenerfassung extrem erweitern. Ob magnetische Felder, Drücke oder das Identifizieren kleinster Partikel, die Quantentechnologie verspricht vielfältige neue Möglichkeiten.

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Die nächste Ausgabe des CIIT-Techtalks findet am 4. November 2022 statt. Sina Kämmerling, CEO & Co-Gründerin des Startups FINDIQ, wird über Fehlerdiagnose mit künstlicher Intelligenz berichten.

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