Bericht

Smart Farming

Mit Standards die Märkte der Zukunft gestalten

Wie entstehen neue Geschäftsmodelle, welche Standards sind dafür relevant und wie können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Normung aktiv werden, um Einfluss zu nehmen und maximal zu profitieren? Am Beispiel Smart Farming erläuterten Alexandra Horn und Johannes Lehmann vom Deutschen Institut für Normung (DIN) diese Fragen im CIIT-Techtalk.

Damit sich Drohne und Traktor verstehen und die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittelindustrie vom Landwirt bis zum Endkunden durch Digitalisierung unterstützt werden kann, braucht es offene Schnittstellen und einheitliche Datenformate. Hier kommen Normen und Standards ins Spiel. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) leistet auf verschiedenen Wegen einen Beitrag, so auch mit der Geschäftsfeldentwicklung Smart Farming.
Mit neuen Standards wird hier ein großer Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Die steigende Weltbevölkerung und der Klimawandel erhöhen den Druck: Eine deutliche Produktivitätssteigerung und mehr Effizienz in der Landwirtschaft sind unbedingt nötig. Die Digitalisierung ermöglicht eine zunehmende Vernetzung sämtlicher landwirtschaftlicher Sektoren und kann so wesentlich dazu beitragen, den Herausforderungen der Landwirtschaft gerecht zu werden.

Klimawandel und Ernährungssicherheit fordern Effizienz und Transparenz
„1950 ernährte ein Landwirt 10 Menschen, 2013 waren es aufgrund besserer Maschinen bereits 145 Menschen. Das hat auch Nachteile, z.B. fahren heute Mähdrescher, die so schwer sind, dass sie die Böden verdichten,“ erläutert Johannes Lehmann. Prognosen sehen voraus, dass ein Landwirt 2050 bereits 200 Menschen ernähren muss. Das geht nicht über noch größere Maschinen, sondern mit intelligenter Landwirtschaft. Lehmann: „Wir werden Transparenz brauchen, um alle Prozesse optimal zu steuern, z.B. den Energiegehalt von Futtermitteln oder die aktuelle Qualität der Böden.“
Bis das Mehl beim Kunden ankommt, sind in der Wertschöpfungskette sehr viele unterschiedliche Stakeholder beteiligt. In diesem komplexen Netzwerk müssen die Daten austauschbar sein. Heute führen unterschiedliche Formate noch zu Brüchen in der Kommunikation. Aber spätestens mit Start des Lieferketten-Sorgfaltsgesetzes können wir uns das nicht mehr leisten. Es muss nachweisbar sein, wie und wo Produkte hergestellt wurden. Das Happy End versprechen die standardisierten Daten, die grundlegende Voraussetzung dafür, Information intelligent zu nutzen.

Hier finden Sie die Präsentation: Johannes Lehmann_DIN_Smart Farming

Normung für Qualität und Sicherheit
Daten sollen durchgängig für die Verfolgung, Überwachung, Automatisierung und Analyse von Vorgängen zur Verfügung stehen. Standards bieten die einzige Möglichkeit, eine einheitliche Sprache zu sprechen. Als Marktteilnehmer sollte man diese Sprache beherrschen und – besser noch – mitgestalten. Hier kommt das Deutsche Institut für Normung (DIN) ins Spiel, das derzeit 34.000 Normen verwaltet. Dabei ist das Institut selbst nicht für die Inhalte verantwortlich, sorgt aber dafür, dass diese aufeinander aufbauen und keine Widersprüche entstehen.
Diese wichtigen Referenzdokumente sind frei zugänglich und werden freiwillig angewandt. „Je größer die Nutzung und Beteiligung, umso höher wird die Relevanz des Dokuments. Darum ist es mir wichtig aufzuzeigen, wie einfach auch KMU oder Startups mitarbeiten können,“ so Alexandra Horn. Jeder kann eine DIN SPEC, auch als Vor-Norm bezeichnet, anstoßen. Dafür reicht ein Telefonanruf. Nach der Prüfung, ob es bereits ähnliche Normen gibt, können mindestens drei Partner gemeinsam an der Formulierung arbeiten. KollegInnen des DIN helfen gerne, z.B. mit der Organisation von Workshops. Der Ablauf bei der Entwicklung einer Norm ist ähnlich. Nur kann man sich die Partner hier nicht aussuchen und es dauert länger bis ein Konsens gefunden ist.

Gemeinsame Sprache und Leitplanken öffnen neue Marktzugänge
„Wer die Norm hat, hat den Markt“, erzählt Alexandra Horn aus Erfahrung. Daher gibt viele gute Gründe für die Industrie, sich an diesen Prozessen aktiv zu beteiligen: Ein neuer Standard kann der Türöffner für einen neuen Markt sein. Bei der Produktentwicklung sollte jedes KMU im Fokus haben, welche Kriterien das neue Produkt erfüllen muss, um Erfolg am Markt zu haben. Zudem stellt sich die Frage, ob der dokumentierte Stand der Technik, also die Norm, für ein neues Produkt relevant ist. Oder macht vielleicht die Erarbeitung eines neuen Standards Sinn?
Aktuell werden viele Querschnittsthemen diskutiert, z.B. Smart Farming, künstliche Intelligenz oder Kreislaufwirtschaft. Wer sich hier einbringen möchte, kann sich gerne über die DIN-Webseite informieren.

Wer den Vortrag verpasst hat, kann ihn sich in voller Länge auf dem CIIT-Youtube Kanal anschauen.

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Die nächste Ausgabe des CIIT-Techtalks findet am 19. August 2022 statt. Isabelle Kuhn, Managerin Automation bei ZVEI e. V., wird über künstliche Intelligenz in der industriellen Automation berichten.

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