Bericht

Mit Daten neue Geschäftsfelder erschließen

Die Digitalisierung bietet Industrieunternehmen vielfältige Möglichkeiten, um Produkte und Dienstleistungen zu datenbasierten Wertschöpfungsmodellen zu vernetzen und damit ökonomischen Mehrwert für Anbieter und Kunden zu realisieren. Doch wie können aus Daten und Informationen neue Geschäftsfelder für Unternehmen entstehen? Sowohl technische als auch organisatorische Fragen sind dafür zu klären. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stehen häufig vor der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen skalierbare datenbasierte Wertschöpfungsmodelle zu identifizieren, zu entwickeln, erfolgreich zu vermarkten und wirtschaftlich zu betreiben.

Im CIIT-Techtalk erläuterte Prof. Dr. Tobias Schäfers den fast 30 Interessierten, wie die Potenziale datenbasierter Geschäftsmodelle identifiziert, kundenorientierte Entwicklung umgesetzt und nachhaltiger Erfolg erzielt werden können. Als Professor am Fachbereich Wirtschaft der HSBI-Hochschule Bielefeld sowie Associate Professor of Marketing an der Copenhagen Business School ist er Experte auf diesem Gebiet. Zudem wirkt mit er am Aufbau des neuen Geschäftsbereich Data-Driven Business (https://www.iosb-ina.fraunhofer.de/de/geschaeftsbereiche/data-driven-business.html) am Fraunhofer IOSB-INA. Vor dem Wechsel nach Bielefeld war er Professor an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. In der Forschung beschäftigt er sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle und die Interaktion zwischen Anbietern-Nachfragern. Dazu zählen der Wandel von produktzentrierter zu dienstleistungsorientierter Wertschöpfung („Servitization“), die preisliche Gestaltung digitaler Dienstleistungen sowie die digitale Durchführung von Dienstleistungsprozesses (z.B. Service Recovery).

Hier gelangen Sie zur Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem Youtube-Kanal.

 

Daten sind das neue Öl? Nein, viel besser.

Daten werden häufig als das neue Öl bezeichnet, das die globale Wirtschaft antreibt. Das stimmt nicht ganz. Im Gegensatz zu Öl sind Daten nicht beschränkt, sondern überall verfügbar.  Sie werden anders als Öl nicht aufgebraucht, sondern können mehrfach ausgewertet werden und auch von anderen genutzt werden. Zudem steht die Datenwelt verschiedenen Nutzungen zur Verfügung.

„Ein wichtiger Unterschied zum Öl ist jedoch, dass allein der Besitz von vielen Daten nicht bedeutet, dass ein Unternehmen reich ist. Daten an sich halten zunächst einmal keinen Wert. Aber ich kann damit Wert schaffen. Wie? Diese Frage zu beantworten ist die Herausforderung für Unternehmen heute“, erklärt Prof. Dr. Schäfers.

Für datenbasierte Wertschöpfung gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Unternehmen können Wertschöpfung generieren, ohne Daten direkt in Richtung Kunden zu monetarisieren. Vielmehr können durch die interne Nutzung mit Informationen z.B. die eigene Produktion optimieren, Kundensegmente besser identifizieren oder interne Prozesse verbessere.
  • Bestehende Produkte können auf Basis von Daten um datenbasierte Dienstleistungen ergänzt werden, die Mehrwerte für Kunden schaffen. Damit können Unternehmen sich etwa gegenüber Wettbewerbern differenzieren. Kunden können auf Basis des erweiterten Angebots bereit sein, mehr für das Kernprodukt zu zahlen oder neue, kostenpflichtige Services zu nutzen. Im Maschinen- und Anlagenbau können z.B. die eigenen Produkte um Predictive Maintenance ergänzt werden, um Ausfallzeiten zu reduzieren und die Produktionseffizienz zu steigern.
  • Schließlich können Daten direkt vermarktet werden, indem datenbasierte Lösungen angeboten werden. Dies kann z.B. ein neues Geschäftsfeld sein, bei dem Rohdaten oder die Analyse von Daten verkauft werden. So könnten Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau eine Leistung wie Predictive Maintenance auch als reine datenbasierte, maschinenunabhängige Lösung anbieten.

Ein oft zitiertes Beispiel für datenbasierte Wertschöpfung ist Apple ein gutes Beispiel, das in den vergangenen Jahren insbesondere durch die Kombination aus Hardware und Services wie Apple Care, iCloud oder Apple TV beachtliches Wachstum gezeigt hat. Prof. Dr. T. Schäfers: „Interessant ist vor allem, dass eine Verschiebung der Profitabilität von Hardware zu Software und Services stattfindet. Wo früher hauptsächlich mit dem Verkauf von Maschinen und Anlagen verdient wurde, ermöglichen datenbasierte Services heute eine deutlich höhere Rentabilität.“ Die Firma Otis mit der Datenplattform Otis ONE ist ein gutes Beispiel dafür. Mit der Überwachung und Datenauswertung der Fahrstühle werden Inspektionskosten gespart. Aus Sicht des Kunden sorgen die vorausschauende Wartung oder die Fernüberwachung mit Kamerasystemen für eine bessere Produktivität. Zudem kommt es durch den Know-How-Gewinn auf Basis der umfangreichen Felddaten zu einer indirekten Monetarisierung, da Otis sich als Experte etablieren kann.

Nachholbedarf in der Industrie

Auf die gesicherte Feststellung, dass mit Services mehr Geld zu verdienen ist als mit dem Verkauf der Hardware, reagieren Branchen sehr unterschiedlich. Derzeit legt die produzierende Industrie den Fokus auf die Optimierung interner Prozesse. Datenbasierte Services mit der Hardware zu neuen Angeboten zu verknüpfen oder Daten zu verkaufen, ist im Vergleich zu digitalen Unternehmen derzeit noch selten.

Für die Monetarisierung der Daten stellt sich die Frage: Welchen Wert können meine Daten aus Sicht von Kunden liefern? Vor allem für technikaffine Unternehmen ist es wichtig, den Fokus immer auf den Kunden zu richten und Merkmale von Technologien nicht in den Vordergrund zu rücken. Für den Kunden sind diese häufig nur Mittel zum Zweck. Der „customer job to be done“ muss hinterfragt und konkretisiert werden, um den Blickwinkel des Kunden bestmöglich zu verstehen.

Wenn die Sicht „Fokus Kundenwert“ bekannt ist, folgt die Frage: Wie erzeugen wir Wert für unseren Kunden und wie bringt uns das einen Gewinn? Die Kette Value proposition, Value provision und Value in use ist nicht neu, aber sie muss bei datenbasierten Geschäftsmodellen in vielen Unternehmen noch klar beantwortet werden. Im Vergleich zu heute heißt das etwa, Kunden deutlich eher einbinden, Ausfallzeiten messbar machen, um Erfolg und Nutzen von services zu kennen.

„Der CIIT-Partner Weidmüller ist hier bereits auf einem guten Weg. Der Produktfokus verschiebt sich in Richtung Service-Fokus und es gibt ein Bewusstsein für die Bedeutung des Werts aus Kundensicht,“ nennt Prof. Dr. T. Schäfers ein Beispiel.

Im Mittelpunkt stehen langfristige Kundenbeziehung, weniger die Einzeltransaktionen. Bei dem Beispiel Software-as-a-Service ist der Kunde auch Co-Produzent, denn der Wert entsteht erst in den Kundenprozessen. Um den Wandel voranzutreiben, braucht es vermehrt Systematiken und Methoden zur wertschöpfenden Planung.

Einige Fragen gibt Prof. Dr. T. Schäfers den TeilnehmerInnen an die Hand, mit denen der Weg zu datenbasierter Wertschöpfung geebnet wird:

  • Sind das Mindset und die Kapazitäten für engere Kundenbeziehungen vorhanden?
  • Werden Daten als ein strategischer Vermögensgegenstand betrachtet?
  • Kennen wir die jobs to be done unserer Kunden?
  • Binden wir Kunden und Mitarbeiter mit Kundenkontakt frühzeitig ein?
  • Können wir Zahlungsbereitschaften bei unseren Kunden abschätzen?
  • Ist die datenbasierte Wertschöpfung skalierbar?
  • Wie verankere ich das Thema in unserer Organisation?

Die Beantwortung ist sicher nicht einfach, aber es lohnt sich.

Im nächsten CIIT-Techtalk am 22. September 2023, 12:30 – 13:30 Uhr, wird Lars Christiansen (Laiks GmbH) über Datensicherheit informieren.

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