Bericht

Der digitale Produktpass als Politik-Konzept

Ressourcen, Materialien und Produkte effizienter nutzen

Wie genau kennen Sie eigentlich die Produkte, die Sie täglich nutzen? Unter welchen Bedingungen wurden sie produziert? Wie lange halten sie? Und auf welche Weise lassen sie sich reparieren oder am Ende recyceln? Vermutlich sind diese Kenntnisse bei den meisten Menschen noch gering. Die Einführung des digitalten Produktpasses soll dies in Zukunft ändern.

„Wir benötigen eine andere Art und Weise mit Ressourcen und Produkten umzugehen. Wir brauchen bessere Einblicke und mehr Wissen darüber, was die Verfügbarkeit und die Qualität von Materialien angeht, um eine ineffiziente Nutzung zu vermeiden“, eröffnet Dr. Holger Berg seinen Vortrag mit dem Titel „Der digitale Produktpass als Politik-Konzept“ beim vergangenen CIIT-Techtalk.

In Bezug auf die Kreislaufwirtschaft sind die Verlängerung der Lebensdauer eines Produktes und die Mögliechkeit der Wiederverwertung von Materialien ganz entscheidende Punkte. Durch Reparatur werden Produkte beispielsweise länger am Leben gehalten oder Materialien am Ende des Lebenszyklus‘ hochwertig recycelt. Um dies gewährleisten zu können, benötigen wir allerdings viel mehr Informationen, die in der gesamten Wertschöpfungskette des Produktes zur Verfügung gestellt werden müssen. Hier kommt der digitale Produktpass ins Spiel.

Was ist der digitale Produktpass?
Im Prinzip ist der digitale Produktpass ein Datensatz mit zwei Arten von Daten. Zum einen liefert er die Informationen zu Materialien, Komponenten, chemischen Substanzen, Reparierbarkeit und Entsorgung des Produkts und zum anderen zeigt er auf, wie viel das Produkt bereits in seiner Wertschöpfungs- und Lieferkette erlebt hat. Auf dieser Basis können dann kreislaufwirtschaftliche Strategien (bspw. Reparatur, Re-Use, Recycling) gezielt angewandt und weiter entwickelt werden.

Politische Aspekte
Der Treiber um die Entwicklung des digitalen Produktpasses ist die Europäische Union. Zum ersten Mal ist der Gedanke im Green Deal der EU aufgetaucht, um Nachhaltigkeit in der Nutzung von Produkten zu erzeugen und zu erhöhen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist der Produktpass bereits in der Umweltagenda oder im Koalitionsvertrag verankert.

„Die Frage, ob der digitale Produktpass kommt, stellt sich nicht mehr. Er wird kommen. Die Frage ist nun aber, wie dieser aussehen wird und was er kann“, sagt Dr. Berg. Entscheidender Schritt hierzu war die Entwurfsveröffentlichung für die „Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR)” am 30. März 2022, in der erstmals Details zum DPP von Seiten der EU offen kommuniziert wurden. Zu den Schlüssselanforderungen für die Inhalte des Produktes gehören folglich unter anderem: Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Energieverbrauch und -effizienz, Ressourcenverbrauch und -effizienz oder die Umweltwirkung.

Wie geht es weiter?
Die ersten Produkte, die spätestens ab 2026 einen digitalen Produktpass haben werden, sind Batterien. Folgen werden aller Voraussicht nach Elektrogeräte, Textilien, Verpackungen, Nahrungmittel, Fahrzeuge oder Möbel.

Um dies umzusetzen, gilt es allerdings auch einige Herausforderungen zu bewältigen. Fragen die aufkommen, sind zum Beispiel: „Was gilt als ein Produkt? Was ist mit Serienprodukten“, „Wer kümmert sich um das System hinter dem Produktpass?“, „Wo sind vielleicht Systemgrenzen?“, „Was ist mit Daten, die außerhalb der EU kommen und zur Vollständigkeit benötigt werden?“ oder „In welchem Verhältnis stehen Aufwand und Nutzen des digitalen Produkpasses?“.
Bis all die Fragen und Herausforderungen bewältigt werden, wird es noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Da sind sich Dr. Holger Berg und die knapp 30 Teilnehmenden des CIIT-Techtalk bei einer angeregten Diskussion einig. Genauso darüber, dass der digitale Produktpass wertvoll für die Nachhaltigkeit und Wirtschaft sein wird.

Wer den Vortrag verpasst hat, kann ihn sich in voller Länge auf dem CIIT-Youtube Kanal anschauen.

Save the Date
Die nächste Ausgabe des CIIT-Techtalks findet am 24. Juni statt. Alexandra Horn und Johannes Lehmann vom Deutschen Institut für Normung (DIN) referieren zum Thema „SmartFarming“. Anmeldungen sind in Kürze auf der CIIT-Homepage möglich.

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