Bericht

Scheitern kein Tabuthema mehr

Immer häufiger hört man in Deutschland es gäbe eine fehlende Akzeptanz für die „Kultur des Scheiterns“. Es liegt wahrscheinlich in der Natur des Menschen, dass er lieber über Erfolgserlebnisse aus seinem Leben berichten möchte, als über Hürden, die er auf seinem Weg zum Erfolg überwinden musste. Das CENTRUM INDUSTRIAL IT (CIIT) in Lemgo wollte nun mit seiner 1.CIIT Fuck Up Night genau das Gegenteil beweisen. Bei der Veranstaltung kamen Gründer und Gründerinnen zusammen, die bereit waren, den ca. 100 Gästen über ihre negativsten Erfahrungen beim Gründen eines Start Ups zu berichten.

Die Einführung in den Abend übernahm Professor Andreas Welling. Er ist Professor für Entrepreneurship an der Technischen Hochschule OWL und begleitet angehende Gründer und Gründerinnen von ihrer Idee bis in die Umsetzung. „Bei den Start Ups heißt, dass in den ersten Jahren etwa 90% scheitern. Wenn wir lang genug warten, scheitern natürlich irgendwann von allen Unternehmen 100%“, meint Professor Welling. Damit wolle er aber auf keinen Fall entmutigen, sondern einfach den Lauf der Zeit beschreiben, denn sonst würden wir wohl auch heute noch Kabeltelefone nutzen. Ihm ist es wichtig, dass man an seine Idee glaubt, es wagt und einfach macht.

Einfach machen war auch das Motto von Thomas Schellenberg. Er ist Gründer von „HalQ´s Lowjito“ und produziert Deutschlands ersten Cocktail ohne Kohlenhydrate. Für diese Idee bekam er damals zwar ordentlich Gegenwind von seiner Frau, die ihn lieber in einem „anständigen Job“ gesehen hätte. Doch nach einer Weile konnte Thomas auch sie überzeugen und ist mittlerweile mit seinem Getränk in über 40 Märkten gelistet.

Wie wichtig es ist, ein funktionierendes Team in einem Unternehmen zu haben, beleuchtete Claudia Simoneit von der Firma Pro-f Automation. Sie sitzt mit ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen häufig in ihren selbstbenannten „Telefon-Lagerfeuern“ zusammen und legt wert darauf, Entscheidungen im Team zu treffen und jeden zu Wort kommen zu lassen.

Hacker, Häftling, Unternehmer. So wurde der nächste Gründer auf die Bühne gebeten. Gemeint war Adrian Janotta. Der Unternehmer, welcher bereits wegen Hacken im Gefängnis saß, entwickelte während seiner Haftzeit einen Businessplan und berät nun andere Unternehmen beim Thema Cybersicherheit. Doch auch heute noch hat er mit unseriösen Anfragen zu kämpfen und muss immer wieder die Waage finden zwischen legal und illegal.

Den Abschluss des Abends machte Dominik Groenen. Er kann bereits 20 Jahre Erfahrung als Unternehmer vorweisen und gründete mehr als 13 erfolgreiche Start-ups. Doch natürlich ist auch er nicht ohne negative Erfahrungen zu seinem heutigen Erfolg gekommen. Er berichtete über ein einschneidendes Erlebnis, bei dem er plötzlich das Finanzamt vor der Tür stehen hatte und sein ganzes Haus auf den Kopf gestellt wurde. Ihm wurde Steuerhinterziehung vorgeworfen, was sich letztendlich allerdings nicht bewahrheitete. Er wollte die Zuhörer vor allem darauf hinweisen, dass man nie den Kopf in den Sand stecken und verzweifeln sollte, sondern dass es immer irgendwie weitergeht. Besonders wichtig für ihn ist es, immer die richtigen (Fach)-Leute im Team zu haben.

Organisiert wurde die Fuck Up Night vom CIIT in Zusammenarbeit mit dem knOWLedgeCUBE und dem Institut für Wissenschaftsdialog der Technischen Hochschule OWL. „Auch für uns war es ein sehr spannender Abend, da wir ein solches Format zum ersten Mal hier durchgeführt haben. Wir sind aber sehr zufrieden und hoffen, dass auch die Gäste mit neuen Inspirationen nach Hause gehen konnten“, resümiert Margarethe Nickel, Geschäftsführerin des CIIT. Die Einnahmen der Veranstaltung wurden dem Verein der Freunde und Förderer des HANSE-Berufskolleg Lemgo gespendet.

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