Bericht

Die Projektstrategie „Teig 4.0“

Wie wird eine Pizza schön rund und ansprechend? Um den Teig perfekt zu formen, benötigt es Prozess-Knowhow und technologische Kompetenz. Was alles zu bedenken ist, erläuterte Prof. Dr. Ulrich Müller von der Technischen Hochschule OWL. Er unterrichtet Lebensmittelverfahrenstechnik beim Institute for Life Science Technologies (ILT.NRW). 28 Interessierte verfolgen den digitalen CIIT-Techtalk. Der Vortrag war eingebunden in die Vorlesung des Studiengangs „Digital Management Solutions“, so dass weitere 20 Studierende teilnahmen.

Am Beispiel der Hypothese zur Unrundheit von Pizzaböden führte U. Müller uns in die Verfahrenstechnik.  Erläutert wurden die Konsequenzen für die industrielle Herstellung (unrund = Ausschuss; perfekt rund = sieht unnatürlich aus), das Materialverhalten „Viskoelastizität“ bei Teigen und die anzunehmende Verteilung der elastischen und viskosen Eigenschaften. Sorgen diese Eigenschaften dafür, dass eine Pizza unrund geformt ist?  Diese Frage beantwortet U. Müller gemeinsam mit seinem Team in dem Projekt „Teig 4.0“.

Die Videoaufzeichnung finden Sie auf unserem Youtube-Kanal: https://youtu.be/MwiNlklCNoA

Weitere Informationen zum Vortrag geben Ulrich Müller und Team (ulrich.mueller@th-owl.de).

 Lebensmittel 4.0

„Wir werfen neue Blicke in den Teig hinein,“ damit hatte U. Müller alle ZuhörerInnen auf den spannenden Vortrag eingestimmt. „Unter dem Motto Lebensmittel 4.0 geht es uns darum, eine höhere Ausbeute und eine möglichst geringe Nutzung von Energie und Wertstoffen bei gleichbleibender Qualität zu erzielen.“

Zunächst wurde der Prozessablauf der Pizzabodenherstellung erläutert, der in der Versuchsanlage bereits umgesetzt ist. Anschaulich erklärte U. Müller alle Schritte, von der Rohstofflagerung über Kneten, Teigruhe, Teigrollen, Gärung, Formgebung bis zum Backen. „Ist das Endprodukt, also die vorgebackenen Pizzascheibe, zu unrund, fällt Belag bei der industriellen Fertigung neben den Teig. Das führt zu Ausschuss, der vermieden werden muss,“ so Müller. Um die optimale Pizzascheibe immer zuverlässig zu produzieren, muss zunächst der Prozess verstanden, also exakt vermessen, werden. Daher die Suche nach der Ursache, warum die Pizzascheibe oft unrund ist.

Mit ganzheitlicher Prozessbetrachtung und geeigneter Messtechnik zur optimalen Pizza

Dabei gibt es noch nicht für alle möglicherweise relevanten Größen notwendige in-line-Messverfahren, die Elastizität ist hier keine Ausnahme. Deshalb ist die Entwicklung bzw. die Adaption von entsprechenden, bisher kaum genutzten Messtechniken Teil des Projektes „Teig 4.0“. Zu erwähnen ist, dass die Unrundheit wie auch andere Endprodukteigenschaften zunächst objektiv beschrieben werden müssen. Zum Schluss werden in der Versuchsanlage, die in der Future Food Factory OWL verortet ist, alle Daten verschiedener Prozessbedingungen in einem mathematischen „Modell“ zusammengefasst

Dafür müssen eine Vielzahl von Produktionsversuchen mit jeweils extrem großen Datenmengen gemacht und ausgewertet werden. „Im Projekt Teig 4.0 konzentrieren wir uns auf die physikalischen Parameter und die Prozessschritte ‚Teigbereitung‘ und ‚Teigfermentation‘. Mit Hilfe des Modells sollten sehr gute Produktionsbedingungen und Rohstoffe gefunden werden können – für ein optimales Produkt bei wenig Ausschuss,“ weiß U. Müller.

Perspektivisch ist eine enge Verzahnung des Modells mit der physischen Produktionsanlage möglich und vielleicht kann das Gesamtsystem dann selbstständig reagieren, z. B. auf Schwankungen der Rohstoffe. Neben einem zunehmenden Verständnis der Zusammenhänge bei der Teigprodukteherstellung sind wirtschaftliche Effekte wie Reduzierung von Ausschuss das langfristige Ziel. An verschiedenen Stellen wurde deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit mit dem Schwesterinstitut Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) ist.

Über Prof. Dr. Ulrich Müller

1991 erfolgte die Promotionsprüfung am Fachbereich Chemietechnik der Universität Dortmund mit dem Dissertationsthema: „Extraktiv-Fermentation von Sekundärmetaboliten am Beispiel von Cycloheximid“. Seit 1996 ist er Professor für Lebensmittelverfahrenstechnik im Fachbereich Lebensmitteltechnologie der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (Fachbereich Life Science Technologies) und Leiter des Laboratoriums Verfahrenstechnik. Er ist seit 2003 Träger des ersten Forschungspreises an der TH Lippe und Höxter.

Über das ILT.NRW

Das Institute for Life Science Technologies (ILT.NRW) der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe wurde im Jahr 2011 zur Verstetigung der Kompetenzplattform Lebensmittelqualität und -sicherheit als Institut für Lebensmitteltechnologie gegründet. Mit über 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und acht Professuren arbeitet das Institut an nationalen und internationalen Forschungsprojekten sowie zahlreichen Industrieprojekten rund um die Qualität und Verarbeitung von Lebensmitteln. Die Arbeitsschwerpunkte des Instituts liegen im Bereich Digitalisierung in der Lebensmitteltechnologie (Industrie 4.0, Maschinelles Lernen), nachhaltige Lebensmitteltechnologie sowie innovative Prozesse und Produkte. 2017 gründete das Institut mit Forschungs- und Unternehmenspartnern zusammen die Initiative smartFoodTechnologyOWL und baut hierfür derzeit auf dem Innovation Campus Lemgo die Future Food Factory OWL.

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